Im vergangenen Jahrzehnt wurden weltweit über 200 Millionen Hektar Ackerland an ausländische Investoren verkauft oder verpachtet, davon in über der Hälfte der Fälle afrikanisches Land. Und hier wiederum sind vor allem Länder wie Äthiopien, Mosambik und Liberia betroffen, die eine alarmierende Unterernährung der Bevölkerung aufweisen.
Da die Käufe und Verpachtungen meist mit massiven Konflikten um Land- und Wassernutzung verbunden sind, spricht man von Landgrabbing, also dem unberechtigten "Grapschen nach Land".
In vielen Fällen sind weltweit operierende Unternehmen die Akteure, aber auch Regierungen aus sogenannten Schwellenländern wie z. B. Saudi Arabien, China und Indien.
Auf den Agrarflächen werden vorrangig Nahrungsmittel oder Energiepflanzen für den Export angebaut, die zum einen der Ernährungs- und Energiesicherung der Investorenländer dienen, zum anderen der Profitmaximierung der agierenden Unternehmen. Die Energiepolitik der EU zum Beispiel, die eine Beimischungsquote von Agrosprit zu fossilem Sprit auf bis zu 20 % erhöhen wollte, trägt zum Run auf Ackerflächen massiv bei. Durch die Verdrängung von Nahrungspflanzen durch Energiepflanzen stiegen die Preise für Nahrungsmittel um teilweise bis zu 300 % (z. B. Reis). Auch die Spekulation mit Nahrungsmitteln wird damit zum lukrativen Geschäft.
Neu an der schon lange herrschenden Praxis ist das riesige Ausmaß der Landnahme und die massive Umgehung der Rechte der dort ansässigen Bevölkerung. Die Landnahme kann in vielen afrikanischen Ländern schnell und für die Investoren äußerst vorteilhaft von statten gehen, da es oftmals keine Besitztitel der Bevölkerung gibt, also der Besitz in staatlicher Hand ist.
Am sichtbarsten sind die negativen Auswirkungen der Landnahme bei der betroffenen Landbevölkerung:
Hier wird rücksichtslos die Lebensgrundlage der Bevölkerung zerstört. Das vorrangige Ziel der Nahrungsmittelsicherung für die einheimische Bevölkerung wird damit massiv unterlaufen. Ebenfalls werden, falls es überhaupt Verhandlungen gab, bestimmte Versprechungen und Vertragszusagen der Investoren wie zum Beispiel der Bau von Straßen, Krankenhäusern oder die Beschäftigung der einheimischen Bevölkerung wenig bis gar nicht eingehalten. So entsteht die paradoxe Situation, dass aus Ländern wie z. B. Äthiopien Nahrungsmittel exportiert werden und gleichzeitig die hungernde Bevölkerung mit internationalen Hilfslieferungen versorgt wird.
Die meisten afrikanischen Regierungen unterliegen dem Zwang Schulden zurückzuzahlen - kurzfristige Einnahmen durch Verpachtungen und Landverkäufe scheinen ein gangbarer Weg zu sein, um an Devisen für den Schuldendienst zu kommen. Unzureichende Überprüfung der Verträge und deren Umsetzung sind teilweise aus Kapazitätsgründen (Geld, Fachkräfte) nicht möglich, teilweise aber, im Falle korrupter Regierungen und Behörden, auch nicht erwünscht.
Weiterhin zählen "Landkäufe" auch zu den Strukturanpassungsmaßnahmen, die von der Weltbank eingefordert werden. Diese werden als nötige Investitionen in den Agrarsektor betrachtet, ohne auf die konkreten und langfristigen Folgen einzugehen.
In Mosambik werden derzeit 4,5 - 5,6 Millionen Hektar landwirtschaftlich genutzt. Auf dem Land leben ca. 63 % der Bevölkerung. 38 % der Gesamtbevölkerung sind unterernährt. Nach dem Welthungerindex bedeutet das eine sehr ernste Hungersituation.
In den letzten zwei Jahren (Stand 2013) hat die mosambikanische Regierung mehr als zehn ausländischen Agrarentwicklungsprojekten ihre Zustimmung gegeben. Der größte Deal ist 'ProSavana', das die monokulturelle Bewirtschaftung von mehr als zehn Millionen Hektar Land vorsieht. Nutznießer sind brasilianische und japanische Investoren. Durch dieses und andere Projekte sind Tausende von Kleinbauern von der Vertreibung bedroht.
In Äthiopien beträgt die landwirtschaftlich genutzte Fläche ca. 13 Mio. Hektar. Der Bevölkerungsanteil auf dem Land beträgt 83 %. Der Anteil der unterernährten Bevölkerung liegt bei 46 %. 6,5 von 88 Mio Menschen überleben nur durch Nahrungsmittel-Hilfe. Auch hier gibt es zahlreiche Großprojekte. Beispielsweise die Firma Karuturi aus Indien, die für den Anbau von Blumen, Mais, Reis, Gemüse und Energiepflanzen für Agrarkraftstoffe über 300.000 ha nutzt. Und das Ganze mitten auf dem Gebiet des Gambelli-Nationalparks…
Aufgrund der Finanzkrise 2007 sind Investoren verstärkt auf der Suche nach neuen Anlagemöglichkeiten für das "umherirrende" Kapital. Viele SparerInnen haben auch in Deutschland Geld in Fonds einbezahlt, um eine gute Rendite erzielen zu können. Dabei wird fast immer übersehen, dass der Gewinn irgendwie "erwirtschaftet" werden muss. Hohe Renditen bieten mittlerweile auch Agrarfonds, in denen mit Nahrungsmitteln auf Kosten der Armen spekuliert wird. Hierzu zählen zum Beispiel die Agrarfonds der Deutschen Bank. Wollen Sie das wirklich?
Bei Ihrer Bank hartnäckig nachfragen, wo Ihr Geld investiert wird. Oftmals gibt es dazu keine oder nur ungenaue Informationen. Als Konsequenz könnte der Wechsel zu Banken stehen, die nachweislich nicht an diesen Geschäften beteiligt sind (siehe Aktion "Krötenwanderung").
Weiter gilt es auf politischer Ebene Druck zu machen durch Beteiligung an Kampagnen. Außerdem ist es wichtig, das Verhalten der Parteien bezüglich dieser Thematik zu beobachten, um bei Wahlen eine entsprechende Entscheidung zu treffen.
Machen Sie mit!!
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